Roo-was? Rooing. Über diesen Begriff sind wir bei unserem letzten Fiber Fact Friday gestolpert, in dem es um Shetlandschafe ging. Hinter dem ungewöhnlichen Wort verbirgt sich eine traditionelle Technik der Wollgewinnung. Das fanden wir so spannend, dass wir uns heute nochmal ausführlich damit beschäftigen.
Schur ohne Schere: Rooing
Was passiert eigentlich, wenn ein Schaf nicht geschoren wird? Nun, im Zweifelsfall ergeht es ihnen wie Schaf Chris. Das australische Merino war ausgebüchst und lebte jahrelang alleine im australischen Busch. Als Wanderer es fanden, schleppte Chris über 40 Kilogramm Wolle mit sich durch die Gegend.
Moderne Schafrassen müssen also geschoren werden, wenn sie nicht irgendwann unter der Last ihrer Wolle zusammenbrechen sollen. Anders verhält es sich mit alten Schafrassen wie den Shetland- oder Islandschafen. Ihrer Wolle wurde die ursprüngliche „Sollbruchstelle“ nicht weggezüchtet und so lässt sich ihr Haar einfach abstreichen bzw. auszupfen.
Ist Rooing schmerzhaft?
Haare auszuzupfen hört sich schmerzhaft an, aber tatsächlich tut Rooing den Tieren nicht weh. Der Grund ist die schon erwähnte Haarstruktur. Es wird also nicht die Wurzel ausgerissen – das würde ordentlich ziepen (alle die schon mal ein Epiliergerät benutzt haben, wissen wovon ich spreche). Wenn der Fellwechsel ansteht, lässt sich das Fell per Hand einfach „abziehen“.
Traditionelle Technik – über Jahrhunderte perfektioniert
Mal schnell die Wolle vom Nachbarn weg-rooen – das war um 1600 herum auf den Shetlands ein recht beliebtes Delikt. Um dem illegalen Wolldiebstahl entgegen zu wirken, wurde das Rooing streng reguliert. Es gab spezielle Events, zu denen alle Schafe eines Ortes von den Besitzern gemeinsam und öffentlich abgezupft wurden. So konnte sichergestellt werden, dass jeder auch wirklich nur die Vliese seiner eigenen Schafe mit heim nahm.
Überwacht wurden die Rooing-Tage, die meist Anfang Mai stattfanden, von Gemeindevorstehern und zahlreichen offiziellen Gehilfen. Eine Ausnahme machte Sheep’s Craig auf den Fair Isles: Dort war die Versorgungslage mit Futter so gut, dass die wohlgenährten Schafe ihr Fell zu einem gewissen Zeitpunkt von selbst abwarfen, wenn sie um einen Fels, eben jenen Sheep’s Craig, gejagt wurden. Klingt ein bisschen wie nach einem Computergame, das ich gern mal spielen würde – ist aber tatsächlich wahr.
Wer übrigens auch mal wieder gezupft werden müsste, ist mein Hund Frida. Rauhaardackel dürfen nämlich auch nicht geschoren werden, aber im Gegensatz zu den Shetlandschafen hat Madame Dackel da meistens so gar keine Lust drauf. Habt ihr auch Tiere oder kleine (oder große) Menschen zu Hause, um deren Haarpracht ihr euch kümmern müsst?
Ob mit oder ohne Friseurevent – ich hoffe, ihr habt ein tolles Wochenende mit jeder Menge Strick- und Spinnzeit vor euch.
Wollige Grüße,
Eure Judith
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Quellen:
- Tipps von Shetlands.gov
- The Northern Isles: Orkney and Shetlands von Alexander Fenton
- https://morningchores.com/rooing-sheep/
- Faserlexikon: https://chantimanou.de/faserlexikon-shetland/