Wolle ist nicht gleich Wolle. Das ist eifrigen Leser*innen des Fiber Fact Friday natürlich längst klar. Heute stellen wir euch einen weiteren Vertreter in unserer kleinen Schafrassen-Parade vor. Vorhang auf für das Shetland-Schaf.
Heimat hoch im Norden: The Shetlands
Wie bei vielen Schafrassen sind auch die Shetlandschafe nach ihrer Herkunftsregion benannt. Die Shetlands liegen im Nordatlantik zwischen Schottland, Norwegen und den Faröer-Inseln. Eine der Inseln heißt Fair Isle und spätestens da klingeln bei allen Strickbegeisterten natürlich die Öhrchen.
Dank des Golfstroms ist das Klima recht mild. Frost ist sehr selten. Gerade im Winter regnet es viel – aber auch im Sommer nicht eben wenig. Beste Bedingungen also für saftige, grüne Wiesen, aka Schaf-Buffet deluxe. 2018 lebten knapp 2600 Shetlandschafe auf der Inselgruppe.
Nah am Urschaf: Shetlandschafe

Shetland-Schafe werden auch als „primitive Rasse“ bezeichnet. Das klingt ein bisschen nach Beleidigung, ist es aber natürlich nicht. Damit ist gemeint, dass das Shetlandschaf eng verwandt ist mit dem, was die Wissenschaft als „Urschaf“ bezeichnet. Sie zählen zu den eher kleinen Schafrassen.
Shetlandschafe sind eher robuste und kompakte Zeitgenossen, ihre Farbvarianz in Sachen Wolle ist dafür umso größer: Um die 10-11 verschiedene Abstufungen gibt es. Außerdem wird die Fleckung sowie Augenfarbe und Zeichnung im Gesicht in 30 Untergruppen eingeteilt. Beispiel gefällig? Snaelits haben einen hellen Körper und ein schneeweises Gesicht. Sokkets hingegen sehen aus als hätten sie Socken an, weil ihre Beine anders gefärbt sind als ihr Körper.
Ein weiterer Hinweis darauf, dass diese Rasse noch ziemlich „naturbelassen“ ist, ist der Fellwechsel. Moderne Züchtungen haben aus Ertrags- und Logistikgründen keinen Fellwechsel. Shetlands hingegen haben ein Sommer- und ein Winterfell. Zu einem bestimmten Zeitpunkt lässt sich das Vlies also einfach per Hand abziehen. Für die Schafe ist das komplett schmerzfrei, da die Haare auf einer bestimmten Höhe eine Art Sollbruchstelle haben. Diesen Vorgang nennt man „Rooing“. Das Scheren entfällt damit komplett. Wie das dann aussieht, sehr ihr in diesem Video – auf YouTube gibt es unter dem Suchbegriff Rooing übrigens jede Menge spannende Beiträge:
Und was sagt das Streichel-Barometer: Wie weich ist Shetlandwolle?
Wir beschreiben hier ja sehr gerne Wolleigenschaften in all ihren Variationen, aber heute lassen wir da mal kurz jemand anderen zu Wort kommen. Nämlich den schottischen Ökonomen und Politiker John Sinclair. Verzeihung: SIR John Sinclair. Der hatte 1790 Folgendes über die Shetland-Wolle zu sagen:
Shetland Wool, taking all its properties together, is perhaps the completest article of the kind in the universe, possessing at the same time, the gloss and softness of silk, the strength of cotton, the whiteness of linen, and the warmth of wool.
Sir John Sinclair
Und nochmal auf deutsch zusammengefasst: Shetlandwolle ist das Beste seit geschnitten Brot. Glänzend und weich wie Seide, robust wie Baumwolle, Weiß wie Leinen und warm wie Schurwolle. Hätten wir jetzt nicht besser sagen können.
Nur noch als Ergänzung: Die Fasern der Shetlandwolle sind fein gekräuselt. Deshalb ist das gestrickte oder gewebte Endprodukt dann auch sehr elastisch und gleichzeitig flauschig.

Ein absolutes Dreamteam: Shetlandwolle und Fair Isle
Ein Artikel über Shetlandschafe darf natürlich das Thema Fair-Isle-Muster nicht auslassen. In unserem letzten Fiber Fact Friday haben wir ausführlich erklärt, wo der Unterschied zu anderen Techniken und Mustern wie Jacquard oder Stranded Colourwork liegt. Lest da gerne nochmal nach:
Fair Isle ist – wie schon erwähnt – eine der Inseln, die zur Gruppe der Shetlands gehört. Hier entwickelte sich eine Stricktradition, die zu solcher Berühmtheit gelangte, dass heutzutage unter dem Begriff oft verschiedenste mehrfarbige Muster zusammengefasst werden. Genau genommen sind mit Fair Isle aber nur Muster gemeint, die auch wirklich von den Stricker*innen der Insel stammen. Dabei werden meistens 2, maximal 3 Farben, pro Runde oder Reihe verwendet. Anfangs wurde die Wolle ungefärbt verstrickt. Dank der Farbvielfalt der Shetlandrasse ließen sich damit aber trotzdem klar erkennbare Muster abbilden. Später kam dann gefärbte Wolle ins Spiel und heute sind Fair Isle Pullover & Co für ihre Farbpracht bekannt.
Um einen original Fair Isle Pullover noch robuster zu machen, als er aufgrund seiner hohen Faserqualität eh schon ist, werden die Strickstücke auf einem sogenannten „Wooleyboard“ in Form gespannt und einige Tage Wind und Wetter ausgesetzt. Dabei filzen die Fasern leicht an. Der Effekt: Die Kleidungsstücke sind sehr formstabil, nahezu winddicht und sogar leicht regenabweisend. Diese Technik ist natürlich sehr aufwändig und es beherrschen sie nur wenige, absolute Profis auf den Fair Isles.
Hattet ihr schon das Vergnügen mal mit echter Shetlandwolle zu stricken? Ich leider noch nicht, aber es steht definitiv auf meiner To-Knit-Liste. Bis dahin habe ich noch jede Menge Zeit endlich mal das Thema colourwork besser in den Griff zu kriegen. Ihr merkt: Ich erwähne das jetzt einfach so lange, bis ich ausreichend Druck bei mir selbst aufgebaut habe, um es endlich mal hinzubekommen.
Habt eine schöne Strickzeit und kommt gut durch den Fasching (wie wir hier in Bayern sagen),
Eure Judith
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Quellen:
- https://www.shetland-sheep.org.uk
- https://de.wikipedia.org/wiki/Shetlandinseln
- https://chantimanou.de/faserlexikon-shetland/
- https://www.5reicherts.com/2013/06/shetland-wolle/
- https://www.wolleunddesign.de/handstrickgarne/shetland-garne/die-geschichte-des-fair-isle-strickens.php
- Mary Jane Mucklestone: 200 Fair Isle-Muster. Ein Strick-Handbuch, Toppverlag 2018.
Bilder:
- Bild Wooleyboard von Flickr (Einbettung): Original hier.
- Shetlandduo – gemeinfrei.
- Grasendes Schaf – gemeinfrei.


Ein Gedanke zu „Fiber Fact Friday Nr. 33: Shetlandschafe aus dem schönen Schottland“