Fiber Fact Friday Nr. 25: Wo hat der Schlumpf die Wolle her? Das Bluefaced Leicester Schaf

Na, wann hast du das letzte Mal blau gemacht? 
Sowas würdest du nie tun? Du findest, dass das eine echt freche Frage ist, die man nicht stellen sollte? Mit Blick aufs Heute gebe ich dir durchaus recht, in früheren Zeiten hätte man diese Frage aber ganz anders verstanden. Blau machen – damit war die Arbeit der Färber gemeint. Sprich: was heute für Faulenzen steht, war früher mal die Beschreibung eines Arbeitsprozesses im Woll- und Stoffbusiness. 

Blau machen passt aber auch wunderbar zum heutigen Fiber Fact Friday – allerdings geht es nicht ums Färben (außer am Ende), sondern um einen ganz besonderen wolligen Gefährten: Das Bluefaced Leicester Schaf. 

Der Name täuscht – die Qualität nicht

Hat hier jemand BFL gesagt? Hier bin ich!

Leider muss ich euch gleich zu Beginn ein wenig enttäuschen: Auch wenn das Schaf so heißt, ein blaues Gesicht haben die Tiere nicht – auch wenn das natürlich sehr niedlich wäre. Die Schafrasse, kurz BFL genannt, stammt aus England und ist auch ohne Blaufärbung recht markant in Sachen aussehen: Ihr Maul ist breit, die langen Ohren stehen weit ab. Ihre Schnauze ist schwarz oder gelegentlich dunkelgrau gefärbt – das erinnert ein bisschen an blau. Also wenn man die Augen zukneift und durch ein Pint Ale schaut.

Bluefaced Leicester Schafe sind insgesamt sehr athletische und stattliche Zeitgenossen: Ihr langer Hals ist eher robust als grazil, wie auch der Rest ihres Körpers. Ein starker Rücken und ein muskulöses Hinterteil sind charakteristisch für Bluefaced Leicester. Diese Eigenschaften machen sie zu effizienten Fleischlieferanten. 

Eng gelocktes BFL Haar

Und wie sieht es mit der Faser aus? Flauschtraum!

Für uns Strickverliebte aber viel entscheidender: Ihre Wolle ist fein, glänzend und weich. In der Struktur ist sie eng gelockt. Sie ist deshalb nicht nur bei Stricker*innen sehr beliebt, sondern auch bei Spinner*innen. Aufgrund ihrer tollen Woll-Eigenschaften werden Bluefaced Leicester-Böcke für verschiedene Kreuzzuchten eingesetzt. Die Tiere aus diesen Verbindungen werden als „Mules“ bezeichnet und machen inzwischen etwa die Hälfte aller weiblichen Kreuzungstiere in Großbritannien aus.

Warum ist Bluefaced Leicester ein Inselbewohner?

Diese Schnauzenform wird auch als „Römernase“ bezeichnet.

Der überwiegende Teil der Bluefaced Leicester Zucht findet in Großbritannien statt. Dabei sind die Tiere durchaus auch für andere Gebiete geeignet, was Klima oder Vegetation angeht. Allerdings tut sich die Rasse aufgrund rechtlicher Beschränkungen wenigstens in der EU schwer. 1963 wurde die „Bluefaced Leicester Sheep Breeders Association“ gegründet. Diese hat sich unter anderem aus „Traditionsgründen“ (was das genau bedeutet, konnte ich nicht wirklich in Erfahrung bringen) dagegen entschieden, das Anerkennungsverfahren als Zuchtschafrasse zu durchlaufen. Das bedeutet, dass das Schaf nicht für diesen Zweck in der EU gehandelt werden darf.

Heißt das, dass es keine Bluefaced Leicester Herden in Deutschland gibt? Nicht ganz. Kurz bevor die Handelsregelung 2014 in Kraft trat, gab es vereinzelte Importe und so sind auf deutschen Weiden einige, wenige Bluefaced Leicester Schafe unterwegs. 2016 kamen schließlich noch zwei Tiere mit einem Privatjet nach Sachsen. Ob es auf dem Flug mit der Cessna Grashäppchen und Tränkenchampagner gab und im Bordprogramm Shaun das Schaf lief, weiß ich leider nicht, aber ich kann es mir sehr gut vorstellen…

Weich, weicher, Bluefaced Leicester

Mutterschaf mit Lämmern

Glücklicherweise stellt das alles aber kein grundsätzliches Problem dar, wenn es um den Export von Wolle geht, und so haben auch wir hier auf dem Kontinent immer wieder Chancen an das begehrte Garn zu kommen. Besonders zart ist die Wolle aus der ersten Schur der Lämmer, die als „Shearling Wool“ bezeichnet wird. Die Vliese sind relativ leicht: zwischen 1 und 3 Kilo bringen sie maximal auf die Waage, auch weil Hals und Kopf nicht mit scherbarer Wolle bedeckt sind. Auch deshalb sind BFL-Garne doch eher in der Kategorie „fein und edel“ anzusiedeln.

Aufgrund des Brexit hat sich die Lage in Sachen Wollbestellungen aus England bedauerlicherweise verkompliziert und verteuert. Insofern wäre es natürlich super schön, wenn man hierzulande vielleicht im Wollshop seines Vertrauens auch an Bluefaced Leicester käme, nicht wahr? Da übergebe ich doch mal kurz an Steffi – die hat nämlich tolle Neuigkeiten für euch:

Danke liebe Judith. Ja stimmt. Die habe ich wirklich. Denn ich werde meinen Shop komplett auf BFL-Wolle spezialisieren. Den Anfang hat hier eine tolle Sockenwolle gemacht. Die Blue Socks werden von mir natürlich mit Liebe von Hand gefärbt und bieten schon jetzt einen tollen Regenbogen an Farben. Stöbere doch direkt hier mal durch.

Wenn du übrigens mehr zu den Vorteilen von Schurwolle im Allgemeinen wissen möchtest, dann ich dir folgenden Fiber Fact Friday-Beitrag nur wärmstens empfehlen:

Fiber Fact Friday Nr. 15: Schurwolle

Wollige Grüße

Judith und Steffi

Quellen:

Bilder:

3 Gedanken zu „Fiber Fact Friday Nr. 25: Wo hat der Schlumpf die Wolle her? Das Bluefaced Leicester Schaf

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